Über die Unwirtlichkeit und den Bauwahn in Vierteln wie Canary Wharf in London habe ich in diesem Blog schon berichtet. So faszinierend die Umwandlung ehemaliger Docks und Werften in Klein-Manhatten auch ist, bis heute ist dies in meinen Augen eine kalte, kommerzialisierte Business-Welt geblieben, in der die Menschen durch die unterirdischen Korridore und Shopping Malls hetzen und in der doch kaum jemand ernsthaft leben möchte. Die Quartiersverwaltung versucht daher immer wieder mal, mit Events wie dem „spektakulären“ Winter Lights Festival die positiven Seiten von Canary Wharf herauszukehren. Dieses findet im Januar 2023 an zehn Tagen zum siebten Mal im Hochhausdschungel von Canary Wharf vom 18. bis zum 28. Januar 2023 statt und ist laut Veranstalter „das größte seiner Art“. Nun ja, das jährliche Licht-Spektakel an Weihnachten in Kew Gardens ist definitiv größer – aber wahrscheinlich von einer anderen „Art“.

An 20 verschiedenen Orten im Viertel, die durch einen Rundweg verbunden und fußläufig zu erreichen sind, befinden sich verschiedene Lichtinstallationen oder Lichtskulpturen von weltweit anerkannten Künstlern oder Design-Büros. Doch jenseits der Winter Lights hat Canary Wharf durchaus auch Interessantes zu bieten.
Die bekannteste Lichtinstallation ist sicherlich die von innen beleuchtete schwimmende Weltkugel „Floating Earth“ von Luke Jerram, der vergleichbar spektakuläre Installationen auch schon an anderen Orten präsentiert hat. Diese dümpelt direkt im Wasserbecken zwischen den DLR-Stationen Canary Wharf und Heron Quays. Bei meinem Besuch an einem eisigen Winterabend war ziemlich viel los und es wurde heftig fotografiert. Man kann einfach den Menschenmassen folgen und kommt so von einer Installation zur nächsten.





Entlang des Rundgangs stehen überall Ordner, die kostenlos Pläne mit Infos zu den verschiedenen Kunstwerken verteilen. Gerade im Dschungel der Hochhaustürme von Canary Wharf kommen die Lichtinstallationen sehr gut zur Geltung und gehen im Idealfall eine Verbindung mit dem beleuchteten Hochhäusern ein.

Man sollte von der Veranstaltung jetzt nicht zu viel erwarten, geht es doch primär darum, Menschen in das ansonsten eher trostlose, auf Business ausgerichtet Viertel zu bringen, die nach dem Besuch noch in eines der zahlreichen Restaurants gehen und gleich den passenden Cocktail zu den Winter Lights bestellen. Dennoch sind die Winter Lights ein kleines, lohnenswertes Spektakel.

Es macht durchaus Freude und erheitert die Menschen in der dunklen Winterzeit, und man hat nebenbei die Gelegenheit, in Canary Wharf mal in weniger bekannte Ecken zu blicken und das eine oder andere neu zu entdecken. Vor allem der Crossrail Place Roof Garden in dem wie ein Schiff über dem Platz thronenden Gebäude ist auch in der restlichen Zeit des Jahres auf jeden Fall einen Besuch wert!


Hier sind in einer Art offenem Gewächshaus verschiedene exotische Pflanzen aus der östlichen und westlichen Hemisphäre angeordnet mit Bezug auf den Null-Meridian von Greenwich, auf dem das Gebäude steht.

Direkt darunter befindet sich auch der farbenfrohe Übergang zum Eingang der Elizabeth Line am Crossrail Place, der von der bekannten, in London lebenden französischen Künstlerin Camille Walala gestaltet wurde und dessen Muster sich je nach Blickwinkel und Lichteinfall ändern. Die Brücke war zwar auch Teil der Winter Lights, kann aber in ihrer zeitlosen Schönheit und dem beeindruckenden Farbenspiel das ganze Jahr hindurch besichtigt werden.

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